Hommage

Gestalterin der Erzählung

Mit der Hommage würdigt Filmplus seit zwölf Jahren das Lebenswerk eines für die deutsche Kinematografie bedeutenden Filmeditoren. In diesem Jahr gilt die Ehrung Schnittmeisterin Juliane Lorenz, die in ihrer Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Rainer Werner Fassbinder und Werner Schroeter für die Mitgestaltung einiger der künstlerisch spannendsten Filme der jüngeren deutschen Filmgeschichte verantwortlich zeichnet. Als eine der ersten Editorinnen in Deutschland etablierte sie für ihre Arbeit den Begriff "Montage" und half so, das schöpferische und gestalterische Moment des Filmschnitts im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Verbunden mit der Filmplus-Hommage ist die Auszeichnung mit dem Geißendörfer Ehrenpreis Schnitt, dotiert von Hans W. Geißendörfer mit 3.000 Euro.

In Mannheim geboren und in Bad Wörishofen und München aufgewachsen, interessierte sich Juliane Lorenz früh für das Filmemachen. Bereits im Alter von 17 lernte sie technische Grundlagen der Filmherstellung beim Geyer Kopierwerk in München. Nur wenig später kam sie zur Bavaria, wo sie als Zweite Assistentin bei Margot von Schlieffen begann, eine der großen Schnittmeisterinnen der 50er, 60er und 70er Jahre, die u.a. Publikumserfolge wie Willi Forsts Im weißen Rössl und Die Trapp-Familie montierte und später auch mit großen Regisseuren der Fernsehära, darunter Michael Pfleghar und Franz-Peter Wirth sowie Musikfilme wie Carl Orffs Carmina Burana unter der Regie von Jean-Pierre Ponnelle. Nach einem halben Jahr verließ Juliane Lorenz die Bavaria und erhielt die Möglichkeit, zwei Dokumentarfilme von Ernst Batta zu schneiden. Juliane Lorenz war 19, als sie schließlich 1976 als Assistentin von Ila von Hasperg mit Chinesisches Roulette erstmals an einem Film von Rainer-Werner Fassbinder mitwirkte. Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine Arbeits- und Lebensbeziehung, die bis zu Fassbinders Tode im Jahr 1982 andauerte. 14 gemeinsame Arbeiten entstehen in dieser Zeit, so montierte sie u.a. Die Ehe der Maria Braun, Lili Marleen, Lola und Querelle. Zu den monumentalsten Arbeiten dieser Zeit zählt die 14-teilige Fernsehserie Berlin Alexanderplatz, die Juliane Lorenz nicht nur komplett alleine montierte, sondern deren künstlerische Oberleitung sie inne hatte.

Nach Fassbinders Tod arbeitete sie zunächst weiter als Editorin. So verband sie mit Werner Schroeter eine erfolgreiche Zusammenarbeit, in deren Verlauf Werke wie Der Rosenkönig und der Dokumentarfilm Auf der Suche nach der Sonne entstanden. Ihr gemeinsamer Film Malina nach einem Drehbuch von Elfriede Jelinek erhielt 1991 vier Bundesfilmpreise in Gold, einer davon ging an Juliane Lorenz für die Beste Montage. Darüber hinaus montierte sie Arbeiten von Marianne Lüdcke, Helga Reidemeister, Caroline Link, Romuald Karmakar und Harald Bergmann. Mit Oskar Roehlers Agnes und seine Brüder hat ihre Karriere als Filmeditorin 2004 ihr vorläufiges Ende gefunden.

Parallel zu ihrem Montageschaffen hat sie in den 1980er Jahren gemeinsam mit Liselotte Eder, der Mutter Fassinders, die Rainer Werner Fassbinder Foundation aufgebaut. Mit Übernahme der Leitung 1992 konzentrierte sie sich zunehmend auf ihre Arbeit bei der Foundation, mit der sie bis heute umfangreiche Ausstellungen, weltweite Retrospektiven und hochwertige Restaurierungs- und Digitalisierungsprojekte rund um das Fassbinder-Werk realisiert. So etwa läuft die aktuelle Ausstellung Fassbinder NOW – Film and Video Art seit dem 30. Oktober 2013 im Deutschen Filmmuseum Frankfurt. Daneben realisierte Juliane Lorenz Dokumentarfilme über das filmische Werk Fassbinders. Nach Life, Love & Celluloid 1997, Fassbinders Berlin Alexanderplatz: Ein Megafilm und seine Geschichte 2007 und Fassbinders Welt am Draht: Blick voraus ins Heute 2010 bereitet sie zur Zeit einen vierten Dokumentarfilm vor.

Die maßgeblich vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW unterstützte und seit Bestehen mit einer Ehrung durch den Bundesverband Filmschnitt – Editor e.V. (BFS) verbundene Hommage-Reihe wird ergänzt durch den mit 3.000 Euro dotierten Geißendörfer Ehrenpreis Schnitt.

Eine ausführliche Filmographie des Editors findet sich hier und Details zu den Veranstaltungen der Hommage hier.

Bildmaterial zur Ehrenpreisträgerin findet sich auf der Presseseite zum Download.